Die Suchanfrage dürfte noch irgendwo eingelagerten Sachen meines Opas (wir geben die Hoffnung noch nicht auf!) musste noch kopiert werden. Ich wollte das Teil keinesfalls 100 mal von Hand abschreiben und dann im Ort verteilen!
Und das auf Polnisch. (Die Übersetzung stammt übrigens von einem polnischen Freund, der sich netterweise bereit erklärt hat, für die Exemplare, die wir vor Ort aushängen wollten, mit seiner Telefonnummer als Kontakt zur Verfügung zu stehen. (Hier können viel weniger Menschen Deutsch als vermutet!)).
Dazu muss man aber erst mal herausfinden, wie ein Copyshop in Polen heißt. Mit den gängigen Übersetzungen für Fotokopie konnten wir in Google nichts finden.
Schließlich fand ich in einem privaten Weblog den Hinweis, dass man das im Volksmund nach den bekannten Hersteller Xerox “kseroksen ” bzw. “ksero ” nennen würde.
So fanden wir über Google ein Adresse in Treptow/Rega, sind hin gefahren und – den Laden gab es nicht mehr! Sch****!
Zu Fuß sind wir durch die Nachbarstrasse und da sehe ich ein kleines unschuldiges Schild “ksero” im Fenster. Bingo!
Der Mann war sehr nett, machte drei Probekopien und dann die gewünschte Qualität als Vervielfältigung. Zu durchaus deutschen Preisen übrigens (10 Cent pro Seite). Ich nehme an, das war der Tourismusaufschlag. Preislisten gab es keine.
Außerdem hat er den Text natürlich gelesen und wollte mir irgendwas mitteilen. Er konnte kein Deutsch, ich kein polnisch.
Mit einer anderen Kundin hat er dann diskutiert- ich konnte nur heraushören, dass es um unsere Suche ging (Suche, Opa, Frau und die Ortsnamen kriege ich hin…).
Nun denn, die Frau – gebürtige Tochter einer Deutschen aus Thorn – gab uns zu verstehen, wir müssten mit ihr zu einem Übersetzer gehen.
Obwohl wir keine Ahnung hatten, was nun übersetzt werden sollte, sind wir mit bis zu einem Wohnhaus. Dort hat die Dane mit jemanden diskutiert, uns erklärt wir müssten zur Frau Galinski und zwar sollten wir um fünf Uhr desselben Tages wieder kommen.
Wir verstanden nur Bahnhof aber versprachen, pünktlich da zu sein.
Jetzt hatten wir noch ein paar Stunden Zeit und haben uns daher auf nach Behlkow gemacht, wo wir schon in Treptow sind.
Am Bahnhof entlang verlässt man Treptow östlich der Rega Richtung Süden. Der Weg führt über herrliche Alleen.
Behlkow war größer als gedacht, und es gab viele alte Hofgebäude.
An einem Haus könnten wir noch den Schriftzug eines alten Geschäftes “Fritz Radtke” entziffern.
Die Kirche ist von einer ungleichmäßigen Steinmauer umgeben. Erst auf den zweiten Blick konnten wir erkennen, dass insbesondere die rückwärtige Mauer aus deutschen Grabsteinen besteht!
Es macht einen schon traurig, das so anzusehen.
An einen Baum angelehnt stand ein einzelner Stein.
Die Kirche selbst ist gepflegt und zumindest durch ein Gitter einsehbar.
Es soll südlich von Behlkow noch einen weiteren Friedhof an der Straße Richtung Broicz geben. Von diesem haben wir aber erst später erfahren und ihn daher nicht besucht.
Auf dem Rückweg haben wir einen Zwischenstopp in Gummin gemacht.
In Gummin werden Kühe an der Straße am Strom- und Laternenmast angekettet…sehr ungewöhnlich ????
Wenn man schon in Gummin ist, ist Gumminshof auf dem Rückweg nicht weit (wir mussten ja um 17 Uhr zum Treffen in Treptow sein…).
Gumminshof hat heute neben ein paar Betonbausünden kaum etwas schönes altes zu bieten. Die älteren Häuser entlang der Straße dürften allerdings der Jahrhundertwende entstammen.
Um 17 Uhr treffen wir in Treptow Frau Galinski. Frau Galewski ist nicht irgendwer, sondern das Deutsch sprechende wandelnde Geschichtsbuch von Treptow.
Sie lädt uns in ihre Küche ein. Was dann kommt, können wir jetzt noch nicht glauben.
Erstmal packt sie ein altes Einwohnerbuch von Treptow aus. Ich durfte nach Herzenslust darin blättern.
Dann erzählt sie so nebenbei, dass es zwar keine Kirchenbpcher von manchen Orten gäbe, aber dass das auch völlig egal sei. Weil die Unterlagen der Dörfer des Kreises im Standesamt Greifenberg wären. Und zwar immer die letzten 100 Jahre. Und das heißt: die Geburt von Opa (1922) und die Heirat seiner Eltern.
Und dazu hat sie (natürlich) eine kleine Übersicht, welche Orte es im Archiv gibt!
Ich bin so geplättet! Suchen kann so einfach sein, wenn man weiß wie…
Dem nicht genug- Frau Galewski hätte Zeit und könnte nächster Tage mit uns nach Greifenberg fahren und übersetzen. Das wäre doch bestimmt einfacher für uns. Sie wäre schon mit anderen Forschern dort gewesen und kenne sich aus.
Wenn ich nicht gesessen hätte- ich hätte mich setzen müssen.
Dann schenkt sie mich noch ein Jahresheft des Geschichtsvereins Treptow-Greifenberg (auf Deutsch) das sie doppelt hat und ich kann mir zahlreiche Ortslagepläne verschiedener pommerscher Orte im Umkreis mit Namen der Höfe abfotografieren!
Frau Galewski verfügt auch über den Schlüssel zu einer Erinnerungsstätte wieder aufgestellter deutscher Grabsteine. Sie hat mit deutschen Nachfahren über Spenden die Gedenkstätte organisiert.
Dazu erzählt sie uns, dass etwa 1968 in Polen der Befehl raus kam, alles sichtbar Deutsche zu beseitigen. Schriftzüge an Häusern mussten genauso übermalt werden, wie Grabstellen beseitigt. In Gützlaffshagen/Zimdarse wurden alle Grabsteine in den Weiher neben dem Friedhof geworfen. Erst vor wenigen Jahren wurden die Steine dort auf Geheiß des Pfarrers herausgeholt und würdig wieder aufgestellt!
Das Denkmal in Treptow befindet sich übrigens an der ehemaligen Leichenhalle an der Straße nach Klätkow, die heute als Griechisch-Orthodoxe Kirche genutzt wird.
Auf dem Weg in die Stadt zurück plaudert Frau Galewski über den alten Roggenspeicher, der jetzt unter Denkmalschutz steht und den niemand kaufen will, weil die Denkmalschutzauflagen eine Nutzung quasi unmöglich machen. Und dabe gäbe es den Speicher schon sein etwa um 1200 an der Stelle.
Und sie erzählt die Geschichte vom Pommerschen Hause, welches sich zwischen der Heilig Geist-Kirche (wird jetzt einmal im Monat russisch-orthodox genutzt) und dem Roggenspeicher auf der linken Seite in völlig baufälligem Zustand befindet.
Früher gab es dort eine Bühne und Tanz. Einmal – nach dem Krieg – hätten die aus der heutigen Ukraine vertriebenen Familien (von denen durften in jede Stadt maximal 10 Familien; Treptow habe 20 bekommen, weil die Vorstadt als eigene Stadt galt) dort ein eigenes Silvesterfest abgehalten. In Treptow habe es damals viele Soldsten gegeben, die sauer waren, dass sie nicht mit feiern durften.
Sie stahlen aus der Kaserne 3 Rauchbomben und “räucherten” die Feier einfach aus. Der Bürgermeister sei sehr sauer gewesen und hat danach diese Feiern “unter seinesgleichen” verboten. Jeder solle zu solchen Feiern kommen können, egal ob Ukrainer, Pole oder Deutscher!
Die Ukrainer kriegten dann in der Nähe des Bahnhofes ein Gebäude als Kulturzentrum.
Ach Frau Galewski kann noch so viel mehr erzählen! Wir freuen uns auf das nächste Treffen und mehr Berichte aus der “alten Zeit”.